Gedanken zum Konzeptwechsel der Wirkstatt Basel


Urs Weth

 

Die Frage nach neuen Strukturen und Konzepten beschäftigt mich seit einiger Zeit zunehmend. Unser Berufsumfeld hat sich in den letzten Jahren spürbar verschlechtert. Sowohl in den Kunsttherapien, wie auch in allen verwandten Berufen im komplementärmedizinischen Umfeld, wird dies zunehmende Realität. Kunsttherapeuten sind immer mehr aufgefordert, weitere Aufgabenfelder zu finden, welche es ermöglichen, ihre Kompetenzen ohne Qualitätsverlust, wirtschaftlich erfolgreicher einzusetzen. Dabei müssten auch andere Bereiche ausserhalb des Gesundheitswesens sondiert werden. Wir hängen uns zu sehr an die Krankenversicherer, welche unseren Beruf durch ihren Leistungsabbau immer mehr beschneiden . Dabei möchten wir nicht die Defizite "behandeln", sondern gesunde Ressourcen im Menschen wecken. Deren Stärkung und Rückwirkung auf die gesamte Krankheitssituation gehört zu den grossen Vorteilen der Kunst!

 

Unsere Erfolge dürfen nicht mehr ausschliesslich vom Wohlwollen oder der Missgunst einiger Politiker und/oder Behörden und von der Gesundheitsindustrie abhängen.

Anerkennungsverfahren - und letztlich Kostenbereitschaft durch die Krankenversicherer - bescheren uns nicht nur beträchtlichen Kostenaufwand, sondern hohen zeitlichen Aufwand und Energie. Ob die so investierte Kraft letztlich zum Erfolg führen wird, kann man berechtigterweise in Frage stellen. Auch wenn es mittlerweile gelungen ist, einen Fachhochschulabschluss für Kunsttherapie (HFP) zu initiieren, ist damit noch keineswegs das Überleben des Kunsttherapeuten und der Kunsttherapie gesichert! Es bleibt, trotz offizieller Anerkennung, immer vom politischen Willen entsprechender Personen abhängig. Und diese Lage ist sehr volatil.

 

Eine gut durchdachte Ausrichtung in andere Bereiche ist weder schwächend, noch vernichtend für die inneren künstlerischen Impulse, die wir fördern wollen. Ich appelliere an die generelle Wirkung durch Kunst auf das Leben und damit auch auf die Gesundheit! Meines Erachtens könnten diese Wirkungen noch gestärkt werden und sich mehr am gesunden Menschen orientieren: Stichwort Förderung und Prävention. Der formal-therapeutische Kontext ist und darf dabei nicht der einzige Ansatz unserer Kompetenzen bleiben.

 

Vielfältige und im besten Sinne künstlerische Umsetzungen der Grundelemente unseres Wirkens und der Kernelemente unseres Schaffens sind sowohl in Kursen, Seminaren, wie auch bei der Weiterbildung und Ausbildung (also nicht ausschliesslich im therapeutischen Umfeld) zu erreichen. Die aussertherapeutischen Bereiche werden in der gegenwärtigen Situation durch die Bereitschaft und Fixierung auf die Gesundheitslobby von der Macht der Krankenversicherer und deren Registrierungsstellen (EMR/ ASCA usw.) geschluckt. Es bleiben für den Therapeuten kaum noch finanzielle wie auch kräftemässige Ressourcen frei, weil die Angst ums Überleben grösser wird.

 

Dies ist  auch mit ein Grund, weshalb viele Fachkollegen und Fachkolleginnen ihre Hauptaufgabe nur noch im Nebenerwerb oder gar nicht mehr ausüben können.

Statistiken und Auswertungen über eine mehr als 20-jährige selbstständige (Vollzeit-!) Therapietätigkeit haben mir gezeigt, dass der Nutzen den Aufwand  keineswegs mehr zu decken vermag. Der Nutzen-Kosten-Faktor ergab nach Auswertung aller relevanten Daten einen Wert von 0,6. Einbezogen wurden die kostenabhängigen Daten aller Klienten, die effektiven Kosten, welche durch die Kassen rückvergütet wurden, abzüglich der entsprechenden Selbstbehalte. In Rechnung gebracht wurde auch die Summe aller Klienten, welche die Therapie auch ohne Krankenkassenbeiträge genutzt hätten. Beim Aufwand sind nebst den Beiträgen für Weiterbildung, EMR und ASCA-Registration, sowie Verbandsmitgliedschaft, auch die Einsparungssummen bei der AHV, wie auch steuerrelevante Beträge, welche durch die Selbständigkeit bedingt sind. Aber selbst ohne diese letzteren Beträge, beliefe sich der Nutzen-Kosten-Faktor immer noch auf 1.0, wäre also ausgeglichen, aber noch keineswegs rentabel. Dazu müsste er weit über 1.0 kommen.

 

Hinzu kommt belastend zusätzlich das Kriterium der Frequentierung der Therapien. Nicht zuletzt bedingt durch die spärliche Rückzahlungswilligkeit einiger Kassen, verminderte sich  die durchschnittliche Therapiedauer in den letzten 20 Jahren von gut 13 Monaten auf 3-6 Monate aktuell, was in vielen Fällen unzureichend oder unbefriedigend für beide Seiten ist. Dies bedingt wiederum für den Therapeuten kleinere Anmeldungsfrequenzen, also mehr Klienten pro Jahr, um überleben zu können.

 

Meine Studie hat ergeben, dass ein durchschnittlicher Tarif von ca. 75.- CHF pro Therapiestunde bei Einsparung der Anerkennungskosten, sowie einer grösseren Frequentierung in etwa zum gleichen Jahresergebnis führen würde, wie mein kassenbedingter bisheriger Ansatz von 100.- CHF pro Therapiestunde. Dies bei einer durchschnittlichen Auslastung von etwa 80 %. Dieser Tarif muss längst schon, spätestens seit der Finanzkrise im Jahre 2008, als Schmerzgrenze für Selbstbezahler angesehen werden. Die These müsste von anderen Therapeuten überprüft werden. Da meine Auswertungen und Datensammlungen jedoch sehr ausführlich sind, kann es durchaus als realistisches Ergebnis betrachtet werden.

 

So oder so: Neue Wege sind gefordert! Und ein kleiner Schritt in diese Richtung möchte unser Verein gehen, indem wir je nach Möglichkeit des Vereins, Vergünstigungen für Mitglieder gewähren. Dies bedingt eine wachsende Mitgliederzahl, die damit unsere künstlerischen Impulse mitunterstützen. Anmeldung für die Mitgliedschaft.

 

Fazit:

Meines Erachtens müssten neue Strukturen in den Verbänden und Dachorganisationen geschaffen werden (zusätzlich zu den gegenwärtigen Bestrebungen), die sich stärker damit beschäftigen, wie wir – wirtschaftlich gesprochen – unser "Produkt", unsere Dienstleistung besser „verkaufen“ könnten. Sprich: Aus dem Mauerblümchen-Dasein eine stolze und tragfähige Sonnenblume zu machen, die auch eine wirtschaftlich vernünftige Basis schafft.

 

Der Verein Wirkstatt Basel versucht diesen neuen Weg zu gehen und hat sich einen Konzeptplan erarbeitet, welcher weiterführende Möglichkeiten, sowie finanzielle Anreize schaffen soll. Grundidee wird sein: Integration von Kunst in den Lebensalltag!

 

Jedes Mitglied hilft für nur 25.-/Jahr oder mit einer Spende, auf diesem Weg vorwärts zu kommen.